Teil 2: Der Pädagoge und seine Bildung



Was ist ein Pädagoge?


Der Begriff "Pädagoge" in diesem Abschnitt bezeichnet eine in Pädagogik ausgebildete Person unabhängig von ihrem biologischem Geschlecht. In bestimmten Situationen kann es durchaus angebracht sein, von einer weibliche Person als Pädagogin zu sprechen, um sie von einer männlichen Person, einem Pädagogen, zu unterscheiden.

Im Allgemeinen ist mit "Pädagoge" die Berufsbezeichnung, -tätigkeit und -eigenschaft entsprechend ausgebildeter Personen beiderlei Geschlechts gemeint. Sowohl in der Ausbildung zum Beruf als auch in dessen Ausübung besteht kein Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Pädagogen.

Eine unerlässliche Bedingung für die Ausbildung zum Pädagogen sowie zur Ausübung des Berufes ist die grundsätzliche Einstellung der Person zum Menschen im Allgemeinen und zum heranwachsenden jungen Menschen im Besonderen.

Sowohl in der Ausbildung wie auch in der Berufsausübung ist der (angehende) Pädagoge Willens, durch geeignete Schritte dafür Sorge zu tragen, dass er diese Bedingung jederzeit erfüllt. Die (im Sinne einer neuen Lernkultur) ausreichende Ausbildung zum Pädagogen vermittelt Wissen, welche Maßnahmen geeignet sind, die persönliche Verfassung auf dem angestrebten Niveau zu erhalten oder sie zu erlangen.

Wer sich nicht fähig oder in der Lage fühlt, jedem jungen Menschen ein wohlwollender erwachsener Freund zu sein, der nur die optimale Entwicklung der Persönlichkeit der ihm Anvertrauten anstrebt und dies auch in der Praxis zu tun und einzuhalten, sollte davon absehen, diesen Beruf zu erlernen und ihn auszuüben.


Die Rolle des Pädagogen


Ein Pädagoge ist ausgebildeter Praktiker der Pädagogik. Er geht einem freien, verantwortlichen, höchst ehrenwerten Beruf nach, den zu schützen er immer bereit ist. Er sollte über vorzügliche allgemeine und überdurchschnittlich umfassende spirituelle Bildung verfügen.

Der Pädagoge ist in der Führung der ihm Anvertrauten von einem Kodex geleitet, der vor allem anderen das Wohl und die gute Entwicklung des Lernenden zu Reife, Selbständigkeit und Verantwortlichkeit in das Zentrum seines Wirkens stellt. In dieser Eigenschaft ist er nicht an Weisungen gebundener Anwalt seiner Schützlinge.

Der Pädagoge versteht sich als wohlwollender Freund, Führer und Erzieher seiner Schützlinge, jedoch nicht als ihr Lehrer. Er braucht aus diesem Grund ein klares Bild von den im Menschen angelegten Möglichkeiten, will er in diesem Unternehmen erfolgreich sein. Der Pädagoge bildet nicht, sondern leitet an, unterstützt und fördert das Individuum in seinem Streben, Bildung zu erwerben.

Ansichten, Absichten und Aktivitäten, die geeignet sind, unmittelbaren Schaden für ein Individuum zu verursachen, erkennt der Pädagoge als Hinweis auf ethische Mängel oder Folgen von Einflüssen, die das Ethos verzerren. Er wird durch ethische Maßnahmen, die er selbst setzen oder an andere administrative Kräfte delegieren kann, dafür Sorge tragen, dass Schaden sowohl am Verursacher als auch an allen von seinen Absichten oder Aktivitäten Betroffenen vermieden wird. In keinem Fall ist Strafe ein adäquates Mittel, im Extremfall kann jedoch die Absonderung (auf begrenzte Zeit) zum Schutz Dritter angebracht sein.

Absichten und Äußerungen des Lernenden zum Gegenstand des Unterrichts versteht und beurteilt der Pädagoge für sich, um aufgrund seiner Sachkenntnis jene Maßnahmen abzuleiten, die dem Lernenden dienlich sind. Er wird falsche, fehlerhafte oder irrelevante Äußerungen, Ergebnisse oder Antworten niemals zum Anlass nehmen, die Person herabzusetzen oder zu schelten.

Ansichten und Äußerungen des Lernenden in religiöser, politischer und moralischer oder sittlicher Hinsicht kommentiert der Pädagoge nicht, weil er weiß, dass Ansichten auch von Eltern in deren Erziehungsabsicht beeinflusst sind und einem Entwicklungsprozess unterliegen. Sie sind individuelles Gut, welches im Verlauf der persönlichen Entwicklung der Veränderung unterliegen.

Der Pädagoge ist sich stets bewusst, dass er mehr als jeder andere Erwachsene für den Heranwachsenden als Vorbild erziehend wirkt, und richtet sein Handeln und seine Lebensführung danach aus. Er wird sich nie zwischen ein Kind und seine Eltern stellen, sondern immer das kindliche Vorrecht auf Erziehung durch seine Eltern anerkennen. Er wird sich auch dann neutral verhalten, wenn Eltern offensichtlich zum Schaden des Kindes handeln und wird sich nicht im Beisein des Kindes gegen seine Eltern wenden. Sollte solche Notwendigkeit eintreten, dann handelt er nicht als Pädagoge, sondern als wohlgesonnener Mitmensch.

Der Pädagoge wird außer bei Anwendung roher Gewalt nicht als Beschützer oder Verteidiger des Kindes gegen seine Eltern auftreten. In jedem Falle (groben) elterlichen Fehlverhaltens in pädagogischer Hinsicht zum Schaden des Kinds wird der Pädagoge nach besten Kräften in Abwesenheit des Kindes auf die Eltern informierend und beratend einwirken.

Die Bildung des Pädagogen


Primäres Lehrziel der Pädagogenbildung ist fundierte Kenntnis des Menschen, seines Wesens, seiner Kräfte und Potentiale, sowie der Mittel und Verfahren zu ihrer Förderung. Angesichts der verantwortungsvollen Aufgaben sorgt der Pädagoge stets dafür, dass er in bester geistiger und körperlicher Verfassung ist, und sorgt bei Bedarf für wirksame Maßnahmen zur Korrektur.

Er muss zweifelsfrei wissen, dass Studieren eine Aktivität ist, für die es korrekte Technologie gibt. Auch jeder Lehrende muss wissen, dass inkorrektes Studieren bestimmte Erscheinungen auslösen kann, welche in Unkenntnis als "Vergesslichkeit", "schlechtes Benehmen", "Unangepasst sein" oder Teilleistungsschwächen" u.ä. und sogar als Intelligenzmängel fehlinterpretiert werden können.

Er muss die beim Studierenden durch solche inneren Vorgänge ausgelösten Erscheinungen als Veränderung der geistigen Energiepotentiale erkennen, auf ihre wahren Ursachen zurückführen und geeignete, wirksame Abhilfemaßnahmen setzen können. Voraussetzung für den Erwerb profunder einschlägiger Kenntnis ist die umfassende Ausbildung in Methoden und Verfahren fruchtbaren Studierens (Technologie der "Studienkurde").

Der Pädagoge informiert sich laufend über die Entwicklungen auf seinem Gebiet und brandmarkt Entwicklungen, die Ethik oder Bestimmung der Pädagogik gefährden. Er ächtet grundsätzlich die Anwendung von psychotropen Substanzen, Verfahren zur Verhaltensänderung oder "geistigen Anregung" und ähnlichen Zwecken unter Einsatz solcher Substanzen im Zusammenhang mit Lernen oder Unterrichten.

Vom Wert des Pädagogen


Summarisch verstehe ich den Pädagogen - besser ausgedrückt vielleicht: Jede im Bereich der Pädagogik tätige Person! - als eine zu den wichtigsten Arbeitern unseres Kulturbereiches gehörenden Menschen. Diese Wertschätzung ruht einfach auf folgender Einsicht, die ich ich im Lauf meines Lebens gewonnen habe:

Der größte Erfinder, der beste Musiker, Maler oder Bildhauer, der erfolgreichste Manager, der beste Seelsorger oder Sozialarbeiter und der beste Politiker haben alle etwas gemeinsam: Sie sind "der beste" in ihrem Fach geworden, weil sie ihre ihnen von Geburt an innewohnenden Fähigkeiten zuerst bewahrt, dann entwickelt und schließlich genutzt haben.

Niemand wurde ohne seine ureigenen Anlagen, Qualitäten und Talenten bloß durch "Bildung" zu dem, was er im weiteren Leben ist. Sehr viele wahrhaft große Menschen hingegen wurden dazu, obwohl sie nie eine sogenannte höhere Bildung erfahren haben. Wahre Bildung ist förderlich, darüber habe ich keinerlei Zweifel, sie kann aber nur an dem ansetzen, was sowieso "von Haus aus" da ist.

Für mich sind die großen Menschen nicht "Beweise, dass (vom "Schicksal") nur wenige auserwählt" sind, sondern dass in jedem Neugeborenen (soweit er nicht mit genetischen Defekten zur Welt kommt,) die Anlagen schlummern, ein "neuer Bester" zu werden.

Es ist nicht das zur Welt gebrachte "Menschenmaterial" dafür ausschlaggebend, was am Ende die Welt bevölkert. Es ist der Umgang der Erwachsenen mit dem heranwachsenden Menschen, der es ihm ermöglicht, seine Anlagen zur Blüte - und zum Fruchten! - zu bringen. Und es ist der Umgang der Erwachsenen mit dem heranwachsenden Menschen, durch den seine unerkannten Potentiale auf ein gerade noch akzeptables Mittelmaß zusammen gestutzt werden.

In unserer Zeit scheint dies nicht nur der Regelfall zu sein, sondern das erklärte Ziel der Politik. Wie sonst ließe sich erklären, warum erwiesenermaßen erfolgreiche Schulsysteme zu einem komplett normierten Bewertungssystem umgeformt werden? Zu einem (den Erziehungswissenschaften entsprungenen) Bewertungssystem, das nur "Messwerte" kennt, aber keine ethischen, humanen, empathischen, emotionalen und philosophischen?

Wenn wir heute Spitzenleistungen einzelner Menschen sehen, dann ganz gewiss nicht wegen der Bildung, die sie erhielten, sondern trotz dieser Bildung.

Den Menschen wurde das ureigene Gespür für die Werte, die im eigenen Kind liegen, systematisch aberzogen - fast möchte ich glauben: ausgetrieben! - indem ihnen (mit ernsten Konsequenzen für Unglauben bewehrte) "Wissenschaft" Unterwürfigkeit verordnet wurde. Ich glaube, dass die bei den für solche Dinge Verantwortlichen alle wirklich guten menschlichen Eigenschaften gründlich ausgemerzt und sehr sehr gründlich durch "neue Werte" ersetzt worden sind - Werte, die nicht am Leben orientiert sind, sondern am bloß finanziellen Erfolg.

Man könnte mich hier leicht missverstehen, dass ich Geld ("Finanz)" ablehnen bzw. verurteilen würde oder für böse hielte. Wer so etwas ahnt, missversteht meine Aussage:

Nicht das Geld ist schlecht, sondern der Umgang mit dem Geld und seine Wertung durch politische Entscheidungsträger. Der Einsatz von Geld ist oft dumm und in den Ergebnissen furchtbar schlecht. Am wohl deutlichsten ist dies daran erkennbar, wie der Staat junge (und auch erfahrene!) Pädagogen entlohnt.

Gestatten Sie mir abschließend ein Häppchen beißenden und spöttischen Sarkasmus: Wer durch diese Ausbildung gegangen ist, sei vermutlich nicht mehr wert ...

Wer das Studium der "Erziehungswissenschaften erfolgreich" absolviert hat, ist für das Leben verloren - sofern es ihm nicht gelingt, sich selbst und seine ureigenen Anlagen und Qualitäten wieder zu finden und "auszugraben". Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn menschliche Anlagen und Qualitäten können nicht vernichtet werden, sie verkümmern nur. Doch gerade so, wie uralter, unscheinbarer Same einer Pflanze trotz allen Widrigkeiten wieder keimen und einen wunderbaren Baum hervorbringen kann, können auch vergessene und vernachlässigte Anlagen und Qualitäten wieder zur Blüte gebracht werden. Allerdings weder von den Erziehungswissenschaften noch von der Entwicklungspsychologie. (Mehr darüber an geeigneter Stelle!)